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02.02.2024 Verloren im Großstadtdschungel- Literatur im Gespräch
Der Literaturgesprächskreis trifft sich am Dienstag, den 05. März 2024 ab 19.30 Uhr in den Räumen der Bücherei Niederbrechen zum Austausch über Paul Aus-ters Roman „Stadt aus Glas“, dem Auftakt der New York-Trilogie. Paul Auster (*1947) ist ein vielfach preisgekrönter amerikanischer Schriftsteller, der auch als Filmregisseur und Drehbuchautor, Kritiker, Übersetzer und Herausgeber arbeitet. Seine Werke wurden in über 40 Sprachen übersetzt.
Daniel Quinn lebt zurückgezogen in einer Wohnung in der 107th Street in Man-hattan, nachdem er vor fünf Jahren Frau und Kind verloren hat. Er verlässt das Haus nur für seine Stadtwanderungen, um durch die äußeren Eindrücke seine in-nere Leere zu überlagern. Während er früher Übersetzungen, Essays, Gedichtbän-de und Theaterstücke veröffentlichte, finanziert er jetzt sein bescheidenes Leben damit, jährlich unter dem Pseudonym William Wilson einen Kriminalroman zu publi-zieren, in dem er seinen Privatdetektiv Max Work als Ich-Erzähler schildern lässt, wie er komplizierte Verbrechen aufgeklärt hat. Quinn stellt sich immer mehr vor, Work sei eine reale Person, die an seiner Stelle in der Welt große Taten vollbringt, wozu er nicht in der Lage wäre
In seiner Wohnung wird Quinn mehrmals durch nächtliche Anrufe einer Person ge-stört, die mit dem Privatdetektiv Paul Auster sprechen möchte. Der Anrufer bittet um Hilfe, denn er werde verfolgt, und teilt ihm seine Adresse mit.
Am nächsten Tag besucht er den Anrufer. Virginia Stillman führt ihm ihrem behin-derten Mann Peter vor. Über die Vergangenheit kann er sich nur fragmentarisch äußern. Er weiß nicht, wer er ist, er kann nicht differenziert denken und versteht nicht die Zusammenhänge. Die Ursachen: Peter war Opfer eines Experiments sei-nes Vaters, eines Theologen aus reichen Bostoner Familie. Er sperrte 1960 das normal entwickelte Kind neun Jahre lang in einen dunklen Raum und wollte her-ausfinden, ob das Kind in dieser Isolation, unbeeinflusst von den Menschen, die Sprache Gottes lernt. Bei der Äußerung kindlicher Laute wurde Peter vom Vater ge-schlagen - er verstummte. Offenbar war der Vater über die Erfolglosigkeit seines Versuchs wütend und verbrannte seine Aufzeichnungen. Dabei brach in der Woh-nung ein Feuer aus, das Kind wurde bei den Löschaktionen entdeckt. Den geistes-kranken Vater wies man in eine Psychiatrie ein. Mediziner und Psychologen be-handeln seitdem die Defizite des sprach- und verhaltensgestörten Peter. Virginia, für fünf Jahre seine Sprachtherapeutin, heiratete ihn vor zwei Jahren, um ihn aus dem Krankenhaus herauszuholen und ihm ein Leben in der Gesellschaft zu ermög-lichen. Peter hat Angst, von seinem Vater, der als angeblich geheilt aus der Psychi-atrie entlassenen wird, ermordet zu werden. Quinn soll daher den Vater überwa-chen.
Er schlüpft in die Rolle des Privatdetektivs Auster und erwartet die Ankunft Stillmans an der Grand-Central Station. Vom nächsten Tag an beobachtet er ihn auf seinen scheinbar ziellosen Stadtwanderungen. Bei der Durchsicht seiner Notizen über Stillmans Wanderungen bemerkt Quinn, dass die verschiedenen täglichen Routen durch Manhattan auf der Landkarte Buchstaben darstellen, die Wörter ergeben: The Tower of Babel. Für Stillman steht das auf Manhattan bezogene Symbol für den Verrat der Menschen am göttlichen Gebot. Quinn stellt Stillman in mehreren Be-gegnungen zur Rede. Kurz darauf ist Stillman verschwunden.
Quinn ist ratlos und sucht Hilfe beim Privatdetektiv Paul Auster, aber er findet nur den Schriftsteller gleichen Namens. Er überdenkt seinen Auftrag und beschließt, da er die Spur des Vaters verloren hat, den Sohn zu beschützen. Tag und Nacht über-wacht er, als Stadtstreicher getarnt, über mehrere Monate von der anderen Stra-ßenseite aus den Eingang des Stillman-Hauses. Er trainiert, mit einem Minimum an Schlaf und Nahrung auszukommen, und lebt wie ein Obdachloser. Dabei verwahr-lost er immer mehr und das Kostüm wird zu seiner persönlichen Kleidung. Die gan-ze Zeit über kommt nie eine Person der Familie in sein Blickfeld.
Als er kein Geld mehr hat, geht Quinn zu Paul Auster, der ihm versprochen hat, den Scheck Virginias einzulösen. Dort erfährt er, dass der Scheck nicht gedeckt ist und dass Professor Stillman vor zweieinhalb Monaten von der Brooklyn Bridge gesprungen ist. Damit ist sein Auftrag beendet und er kehrt in seine Woh-nung zurück. Diese wurde aber inzwischen weitervermietet, weil seine Zahlungen ausblieben. Er geht nun in die 69th Street zur Stillman-Wohnung und findet sie leer und verlassen. Da er keine Unterkunft mehr hat, quartiert er sich in einen kleinen, fast lichtlosen Raum ein. Er denkt über sein Leben nach und löst sich immer mehr von ihm: „Er hatte kein Interesse mehr an sich selbst“. Tagsüber schreibt er in sein Notizbuch seine Gedanken auf, z. B. über die Sterne und die Menschheit. Als sein Freund Paul Auster auf der Suche nach Quinn in die Wohnung kommen, finden sie nur das Notizbuch, aber keine Spur von ihm.
Die Teilnehmer des Literaturgesprächskreises treffen sich ca. alle sechs bis sieben Wochen, um sich über das gelesene Werk auszutauschen, die Vorschläge stam-men aus dem Kreis der Teilnehmer. Jeder, der für Literatur aufgeschlossen ist, ist als Bereicherung stets willkommen. Allen Interessierten steht die Bücherei Nieder-brechen am Sonntag von 9.30 bis 12.00 Uhr, am Mittwoch von 18.30 bis 21.00 Uhr und am Donnerstag von 15.30 bis 16.30 Uhr offen.
Textquelle: Jürgen Schühler / Bücherei Niederbrechen
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